KI in der Wirtschaftsprüfung – ein neues Teammitglied (Episode 35)
Shownotes
KI ist dabei, die Wirtschaftsprüfung grundlegend zu verändern. In unserer neuen Podcast-Folge geht es um die Frage, wie wir die Chancen nutzen, Risiken steuern und die Qualität unserer Arbeit sichern können. KI ist dabei nicht nur ein Werkzeug, sondern übernimmt die Rolle eines neuen Teammitglieds für alle standardisierten Aufgaben. In dieser Folge sprechen unsere Moderatoren Andreas Rohde und Benno Lange mit Hagen Müller über die Erfahrungen der letzten zwei Jahre, Agentenmodelle und die Rolle des Menschen in der Prüfung der Zukunft.
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Transkript
[00:00] Sprecher: KI ist dabei, die Wirtschaftsprüfung grundlegend zu verändern. In unserer neuen Podcast-Folge geht es um die Frage, wie wir die Chancen nutzen, Risiken steuern und die Qualität unserer Arbeit sichern können. Hören Sie rein und erfahren Sie, warum KI nicht nur ein Werkzeug ist, sondern die Rolle eines neuen Teammitglieds übernimmt. Taxiert, der dhpg Podcast für Steuern und Recht.
[00:35] Benno Lange: Liebe Hörerinnen und Hörer, herzlich willkommen zu einer weiteren Folge von Taxiert, Ihrem Podcast der dhpg, wie immer mit meinem lieben Kollegen Andreas Rohde. Hallo Andreas.
[00:44] Dr. Andreas Rohde: Hallo lieber Benno. Ich hoffe, es geht dir gut.
[00:46] Benno Lange: Ja, geht es. Vielen Dank.
[00:47] Dr. Andreas Rohde: Trotz der herbstlichen Stimmung.
[00:49] Benno Lange: Trotz der herbstlichen Stimmung. Andreas, worüber wollen wir heute sprechen?
[00:53] Dr. Andreas Rohde: Wir werfen heute mal einen Blick auf unsere eigene Tätigkeit, also die Tätigkeit der dhpg von einigen Kolleginnen und Kollegen und die Auswirkungen auf die Mandanten logischerweise. Wir beschäftigen uns heute mit KI in der Wirtschaftsprüfung.
[01:06] Benno Lange: Das klingt total spannend, Andreas. Auch heute bin ich wieder froh, dass wir das nicht allein machen, denn auch wenn ich den Wirtschaftsprüfer im Titel trage, gebe ich gerne zu, dass das weit weg ist von meinem täglichen Brot mittlerweile.
[01:17] Dr. Andreas Rohde: Wir haben schon mehrmals gesprochen über Heimspiele und so, also heute wieder keins für mich jedenfalls.
[01:20] Benno Lange: Trotzdem vielen Dank, dass du mit dabei bist, auch wenn es für dich kein Heimspiel ist.
[01:27] Dr. Andreas Rohde: Gerne, gerne.
[01:28] Benno Lange: Dann begrüßen wir ganz herzlich zum zweiten Mal heute als Experten für den Bereich Wirtschaftsprüfung unseren lieben Kollegen Hagen Müller. Hallo Hagen. Guten Tag.
[01:35] Hagen Müller: Hallo Benno. Hallo Andreas.
[01:37] Dr. Andreas Rohde: Hallo lieber Hagen.
[01:38] Benno Lange: Ich glaube, es ist schon ein paar Tage her, dass du das erste Mal bei uns warst, deswegen dürfen wir dich kurz vorstellen. Du bist Wirtschaftsprüfer und Steuerberater, wobei ich glaube, dass ich sagen darf: im Unterschied zu mir liegt der Schwerpunkt deutlich mehr auf dem Bereich Wirtschaftsprüfer. Du bist, das kann man, glaube ich, so sagen, bei uns in der dhpg derjenige, der sich verantwortlich mit dem Thema technologische Entwicklung in der Wirtschaftsprüfung ganz ausdrücklich beschäftigt. Neben den sonstigen Themen in der Abschlussprüfung, die dich natürlich auch beschäftigen. Und deswegen freuen wir uns, dass du den weiten Weg aus Berlin heute zu uns gefunden hast.
[02:08] Hagen Müller: Sehr gerne bin ich den gegangen. Ich bin sehr froh hier zu sein. Und wie du schon richtig sagst, ich bin vor allem in der Wirtschaftsprüfung tätig, seit vielen, vielen Jahren mit Datenanalysen unterwegs. KI war immer so ein bisschen das Thema, was am Horizont war. Seit zwei Jahren ist es nicht mehr am Horizont, sondern bei uns angekommen und deswegen freue ich mich, in den kommenden Minuten mit euch zu sprechen, wo wir da stehen.
[02:30] Benno Lange: Ja, ich glaube, Hagen, du hast das Stichwort schon geliefert. Seit zwei Jahren, seit gut zwei Jahren hat sich doch einiges technologisch verändert. Ungefähr zwei Jahre ist es her, seitdem ChatGPT in der Version 3.5 auf den Markt kam. Magst du uns mal am Anfang einen kurzen Überblick geben, wie sich das Ganze technologisch seitdem entwickelt hat?
[02:49] Hagen Müller: Das mache ich sehr gerne und ich denke, man kann sagen, dass die Technologie definitiv in der Wirtschaftsprüfung angekommen ist, sie vielleicht noch nicht komplett verändert hat. Die Frage wird auch sein, ob diese Technologie unseren Berufsstand wirklich komplett verändert. Man kann ganz gut ableiten, wo die Technologie steht, in der Art und Weise, welche Tätigkeiten sie übernimmt bzw. bei welchen Tätigkeiten sie uns unterstützt. Am Anfang, ich denke, so sind viele in die Technologie eingestiegen, ging es darum, mit Texten zu arbeiten, Texte zu generieren, Texte zu übersetzen, Texte zusammenzufassen oder das, was wir immer so ein bisschen Talk to PDF nennen. Die Erfahrung, die dann viele gemacht haben, war, dass die Antworten durchaus beeindruckend waren, insbesondere eben auch die Geschwindigkeit. Also man konnte dann Dokumente per Knopfdruck übersetzen, hatte dann aber das Problem, was relativ schnell aufkam, der sogenannten Halluzination, also das Problem, dass eben Texte ja neu entstehen. Die gab es vorher so noch nicht. Deswegen sprechen wir auch von der generativen KI. Und gerade für uns Wirtschaftsprüfer ist es ja durchaus dann mit Risiken verbunden. Wieviel Vertrauen kann ich in diese Texte geben. Und die nächste Stufe, die wir dann genommen haben, das hat das Jahr 2024 stark geprägt, war eben herauszubekommen, wie können wir diese Texte rechtssicherer machen, die da generiert werden. Wie können wir sie genauer machen und wie können wir sie sehr spezifische Fragen beantworten lassen und sichergehen, dass die auf vertrauenswürdigem Wissen, also auf vertrauenswürdigen Quellen generiert werden. Das waren dann die sogenannten RAG-Modelle, die im Wesentlichen sich dadurch unterscheiden, dass dem Sprachmodell ein kuratierter Inhalt zur Verfügung gestellt wird. Also dass wir bestimmte Dokumente, die wir für unsere Antwort höchstwahrscheinlich brauchen, dem Modell zur Verfügung stellen und dann sagen: beantworte meine Frage nicht anhand deines allgemeinen Trainingswissens, sondern beantworte sie auf jeden Fall anhand dieser Daten, was es uns ermöglicht, dass wir sichergehen können, dass dann diese Antwort auch auf Basis dieses spezifischen Wissens beantwortet wird. Wenn wir jetzt schon mal einen ganz kleinen Ausblick machen, dürfen zwei Stichworte nicht fehlen. Das sind einmal die sogenannten Agentenmodelle. Ich denke, darauf kommen wir gleich noch im Detail zu sprechen. Das sind vereinfacht gesprochen Software-Assistenten, die mich im Rahmen meiner KI-Modelle unterstützen bei etwas komplexeren Tätigkeiten. Und das nächste große Wort, was aktuell sehr in der Diskussion ist, sind die sogenannten Multiagenten Systeme, wo dann eben diese Softwareagenten im Team miteinander agieren.
[05:21] Benno Lange: Darf ich noch einmal kurz reingrätschen, bevor wir auf diese Agentenmodelle zu sprechen kommen? Du hast das Thema Halluzinieren angesprochen. Das ist möglicherweise eine Erfahrung, die viele von uns schon mal gemacht haben. Man fragt die KI etwas und die Antwort ist vielleicht kompletter Quatsch oder es ist jedenfalls nicht vollständig richtig und zum Teil hat die KI da offensichtlich, ich sag's mal etwas untechnisch, etwas dazu erfunden. Hast du den Eindruck, dass da in den zwei Jahren, so habe ich dich verstanden, viel passiert ist, dass das Thema auch unter Risikogesichtspunkten kleiner geworden ist? Oder müssen wir nach wie vor, wenn wir KI einsetzen, genau hinschauen, dass genau das gerade nicht passiert?
[05:55] Hagen Müller: Also ich glaube, ich kann alle Fragen mit "Ja" beantworten, weil das vielschichtig ist. Also ich glaube, einerseits haben wir als Anwender gelernt, wie wir mit den Modellen umgehen müssen. Das heißt, wenn ich einen sehr einfachen Befehl, den sogenannten Prompt, in das Modell gebe, kriege ich eben auch eine sehr generische Antwort. Das heißt, was wir, denke ich, gelernt haben, ist besser mit dem Modell umzugehen, also dieses sogenannte Prompting besser zu beherrschen. Aber wir haben, glaube ich, inzwischen auch ein besseres Verständnis, wie diese Modelle funktionieren. Am Anfang dachten wir immer, so ging es zumindest mir, dass diese Modelle eine große Wissensdatenbank haben. Wo dann der Roboter oder die Technologie dahinter quasi wie eine digitale Bibliothek ein Buch aus dem Schrank greift und dort dann nach der Antwort sucht. Aber so ist es eben nicht, sondern da sind Trainingsdaten dahinter, da sind Wahrscheinlichkeitsrechnungen hinter, was aus Sicht des Modells eine gute logische Antwort ist. Wenn man dann insbesondere am Anfang nach juristischen Themen fragt, gab es eben solche Themen, wie dass die Modelle in ihren Wahrscheinlichkeitsberechnungen in ihrem Wissen eine Logik hatten. Oft wird in einem Paragraphen im ersten Absatz etwas definiert, im zweiten Absatz ein Fall beschrieben und im dritten Absatz die Sonderfälle beschrieben. Das führte dann zu solchen Kuriositäten, dass dann auf einmal von §249 Abs. 3 HGB gesprochen wurde. Das Problem daran, der §249 hat gar nicht drei Absätze, sondern nur zwei Absätze. Aber eben aus der Logik des Sprachmodells, und daran versteht man vielleicht etwas, wie diese vermeintlichen Fehler passieren, war eben diese Idee: Ich habe im ersten Absatz den Grundsatz, im zweiten vielleicht eine Ausnahme und im dritten dann die Rückausnahme, wie wir Juristen, Andreas ja glaube ich, immer gerne sagen. Und das ist das Problem, was man dabei verstehen muss. Dass man eben nicht mit einer Datenbank spricht, sondern mit einem Sprachmodell, was auf Basis einer Wahrscheinlichkeitsrechnung eine aus Sicht des Modells gute Antwort generiert. Und wenn ich das vielleicht noch ergänzen darf, auch eine Gedankenentwicklung, die wir als Wirtschaftsprüferinnen und Wirtschaftsprüfer gegangen sind, ist die Tatsache, dass wir am Anfang, glaube ich, dachten, wir müssen diese Modelle selbst trainieren. Also standen wir 2024 da und dachten: ist ja ganz nett, kann mir Texte zusammenfassen, kann mir Texte übersetzen, aber es wird niemals steuerrechtliche, sonstige juristische Fragen beantworten können, weil es nicht darauf trainiert ist. Aber die Modelle sind immer mächtiger geworden, immer größere Mengen an Trainingsdaten, sodass sie inzwischen auch in der Lage sind, sehr spezifisch juristische Themen zu beantworten. Natürlich immer mit einer eher allgemeinen generischen Antwort, aber was man definitiv sagen kann: Jeder kleine Berufsstand muss nicht selbst Sprachmodelle entwickeln, gar trainieren, sondern die allgemeinen Sprachmodelle können, wenn sie eben in diese Modelle integriert werden, über das Prompting gesteuert werden, sehr gut benutzt werden, auch bei sehr spezifischen Fragen.
[08:45] Benno Lange: Ja, alles klar. Das hat mir zumindest noch mal sehr geholfen, das einzuordnen, was auch in den zwei Jahren inzwischen an Entwicklung, sowohl auf der technischen Seite als auch auf der Anwenderseite Verständnis passiert ist. Ich hatte dich, glaube ich, eben unterbrochen, als wir über Agentenmodelle und Multiagentensysteme sprechen wollten. Vielleicht steigen wir da noch mal wieder ein. Wie siehst du da aktuell schon die Einsatzmöglichkeiten, speziell im Bereich der Abschlussprüfung und wo geht da die Reise hin?
[09:06] Hagen Müller: Also was die Agentenmodelle leisten werden in der Abschlussprüfung, ist die viel zitierte Übernahme von standardisierten Tätigkeiten. Und die haben wir ja in der Abschlussprüfung durchaus. Wir werden in Abschlussprüfungen oft immer die gleichen Tätigkeiten durchführen. Das heißt, in jeder Abschlussprüfung findet eine Datenanalyse statt. Diese Datenanalysen sind zumindest am Anfang regelbasiert, dass wir die Journaldaten nach bestimmten Auffälligkeiten überprüfen. Das machen aktuell Menschen mit spezifischer Software. Und das sind Themen, die nach und nach auch von Agenten übernommen werden können, indem man diesen Agenten antrainiert, sehr eng, was sie tun sollen. Das heißt, ich habe zum Beispiel einen Agenten, der mir jede Buchung über 100.000 Euro aus Journaldaten rauszieht. Das heißt, ich benutze so etwas wie ein Sprachmodell, gebe ihm aber im Agentensystem sehr, sehr eng vor, was er tun soll. Er hat also nur als einzige Aufgabe, in meinem Beispiel die 100.000 Euro Buchung herauszusuchen. Das stellt eben auch sicher, dass das Sprachmodell nicht freihändig agiert und spontan entscheidet, was vielleicht sonst noch auffällige Buchungen sind, sondern ich kann sehr stark repetitive Tätigkeiten durch Agenten erledigen lassen. Und der große Vorteil, er liegt auf der Hand, ist natürlich die starke Geschwindigkeit, die man dadurch erreichen kann.
[10:24] Benno Lange: Okay, das heißt, es geht primär in dem Bereich um Routinetätigkeiten, um die Art von Tätigkeiten, die heute noch oder zumindest in der Vergangenheit mit hohem manuellen und hohem zeitlichen Aufwand passiert sind und wo, glaube ich, sehr plausibel ist, dass KI uns und dem Prüfungsteam viele Aufgaben, zeitraubende Aufgaben, abnehmen kann. Wie sieht es aus beim Thema, da kommen wir sicherlich auch gleich nochmal drauf, der Qualitätssicherung, Vier-Augen-Prinzip, letzte instanzliche Verantwortung. Da sind wir noch relativ weit weg von den Routinetätigkeiten. Wir sprachen über vorgelagerte Tätigkeiten, technische Abstimmungsarbeiten. Das ersetzt zumindest aktuell sicherlich noch nicht das eigentliche Prüfungsurteil der verantwortlichen Wirtschaftsprüfer.
[11:09] Hagen Müller: Völlig richtig wird es nach meiner Meinung auch in Zukunft nicht tun, weil die Arbeit nicht anders wird, sondern die Art und Weise, wie wir die Arbeit aufsetzen, wird aus meiner Sicht anders. Ich benutze immer gerne das Bild, dass wir die KI oder den Agenten als weiteres Teammitglied jetzt zur Verfügung haben, die eben bestimmte Tätigkeiten für uns durchführt. Aber der Kern der menschlichen Arbeit wird weiterhin darin liegen, Dinge zu kontrollieren, zu beurteilen, insbesondere wenn es sehr komplex wird und wir uns von diesen standardisierten Aufgaben lösen. Das heißt, wenn wir dieses Feld der Datenanalyse verlassen. Zum Beispiel jede Buchung, die über 100.000 Euro ist, ist erstmal auffällig. Das ist eine Regel, die kann man so definieren, die macht auch Sinn. Aber eine Wirtschaftsprüfung zeichnet sich dadurch aus, dass Ermessensentscheidungen getroffen werden, dass eine bestimmte Situation vorliegt. Und da wird es weiter wichtig sein, dass wir den Menschen haben, diese Dinge zu kontrollieren, sie zu beurteilen und insbesondere auch rein mathematische Dinge anders einzuordnen. Wir werden sehr schnell immer Korrelationen finden, aber müssen dann eben auch entscheiden, ob es nicht nur eine Korrelation, sondern auch eine Kausalität ist, die wir hier vorfinden, zum Beispiel als Ergebnis einer Datenanalyse. Deswegen wird der Mensch weiter im Mittelpunkt der Beurteilung stehen und hat die KI oder den Agenten insbesondere in der nächsten Phase vor allem als weiteres Teammitglied, das immer sehr fleißig ist, das sehr stark in Statistik ist, das Software gut beherrscht, das programmieren kann, aber eben kein Wirtschaftsprüfer ist und in dem Bereich eigentlich auch nur oberflächliches Wissen hat.
[12:43] Dr. Andreas Rohde: Ich will jetzt hier nicht Wasser in den Wein gießen, aber ist das vielleicht auch einfach eine Zeitfrage? Also sind wir vielleicht in zwei, drei, vier Jahren auch so weit, dass da auch Ermessensentscheidungen, die du ja auch irgendwie gelernt hast, du greifst ja auch irgendwie auf Wissen zurück, auf Erfahrungswissen zurück, um auch eine Ermessensentscheidung zu treffen, zu begründen. Da liegt ja auch ein Prozess dahinter, in deinem Kopf sozusagen. Ist das nicht auch irgendwie abbildbar, vielleicht sogar objektivierbarer abbildbar?
[13:10] Hagen Müller: Objektivierbarer auf jeden Fall. Also was KI unterstützen wird, ist aus meiner Sicht, und das ist auch eine große Stärke, dass wir die Verzerrung aus unseren Prüfungsurteilen rausbekommen. Das heißt, es wird uns da aber auch wieder nicht ersetzen aus meiner Sicht, sondern es wird uns verbessern. Dass eben auch der Faktor Mensch mit all seinen Stärken, die er hat, dass er eben ethisch denken kann, dass er zwischen Kausalität und Korrelation unterscheiden kann, dahin unterstützen, dass wir auch keine Verzerrungen mehr in unseren Urteilen haben, weil die Daten eben noch besser aufbereitet werden, Entscheidungen noch besser überprüfbar und herleitbar sind. Aber ich meine, dass die eigentliche Überprüfung, insbesondere dann, wenn wir die Kausalitäten auch bis zum gewissen Grad eben verlassen werden. Und das steht, denke ich, immer am Ende eines Prüfungsurteils, wo Einschätzungen auch beurteilt werden müssen, wo sehr, sehr viele Faktoren zusammenhängen, die man auch nicht in eine mathematische Formel reinbringen kann. Da wird es immer noch den Menschen geben, als letzte Instanz das zu überprüfen, aber eben das auch einzuordnen.
[14:12] Benno Lange: Ja, ich glaube, wir haben mal ein Gespür dafür bekommen, dass die technischen Möglichkeiten beeindruckend sind und sich vor allen Dingen auch in beeindruckender Geschwindigkeit weiterentwickeln. Die treffen jetzt im Bereich Wirtschaftsprüfung auf einen Berufsstand. Ich glaube, das dürfen wir sagen, ohne jetzt zu viel als Nestbeschmutzer zu gelten, der sich mit Veränderungen vielleicht nicht maximal einfach tut und der vielleicht auch in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten nicht unbedingt solche disruptiven Veränderungen in der Art und Weise, wie geprüft wird, gewohnt ist. Deswegen die provokante Frage: Ist der Berufsstand, sind wir schon so weit, dass wir KI wirklich sinnvoll einsetzen können?
[14:47] Hagen Müller: Ich denke, es wird eine Entwicklung sein, die durch einzelne Personen schneller durchgeführt wird, durch andere weniger schnell. Aber gleichwohl ist KI nicht ein Trendthema, was jetzt da ist und was in ein oder zwei Jahren durch das nächste Trendthema ersetzt wird, sondern wie es so schön heißt: KI ist gekommen, um zu bleiben. Das heißt, wir werden uns als Berufsstand, genauso gilt es ja auch für unsere Mandanten, dem Thema nicht entziehen können. KI wird immer stärker in den Alltag reinkommen, wird auch in unsere Alltagsanwendungen in der Art und Weise, wie wir miteinander kommunizieren, Einklang halten. Und dadurch wird es auf alle Lebensphasen und auf alle Ebenen des Lebens Auswirkungen haben, sodass ich der Meinung bin, das ist jetzt keine Entscheidung, die man als Wirtschaftsprüfungsgesellschaft treffen kann, will man mit oder ohne KI arbeiten, sondern es ist aus meiner Sicht ganz klar die Macht des Faktischen, dass KI in alle Teile der Wertschöpfungskette, in alle Teile auch des menschlichen Miteinanders starke Auswirkungen haben wird. Und deswegen werden wir uns als Berufsstand dem stellen. Wir tun es ja auch. Es hat sich sehr, sehr viel getan, auch in der Wahrnehmung in den letzten zwei Jahren. Das kann ich aus eigener Wahrnehmung bestätigen und deswegen bin ich da sehr zuversichtlich, dass wir das als Berufsstand sehr gut hinbekommen.
[16:00] Benno Lange: Magst du uns vielleicht ein paar Einblicke hinter die Kulissen geben, wie wir als dhpg, als Prüfungsgesellschaft, damit umgehen, um eben da möglichst weit vorne auf der Welle zu reiten?
[16:11] Hagen Müller: Das mache ich sehr gerne. Also was denke ich, wichtig ist, man kann eine Gesamtorganisation wie eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft nicht von einem Tag auf den nächsten auf KI umstellen, sondern was sich bei uns bewährt hat, dass wir einzelne Gruppen haben, die sich intensiver mit den Veränderungen auseinandersetzen. Sie ist eben auch davon stark geprägt, dass sich die Technologie ändert, dass man ein Stück weit eben auch die Technologie verstehen muss. Deswegen eben solche Fragen: Wie möchte ich mit KI umgehen? Es ist ja schnell ein Prototyp entwickelt, um Texte zusammenzufassen. Es gibt auch von Copilot von Microsoft schon viele Funktionalitäten, die auch plötzlich dann auf unseren Bildschirm erscheinen. Aber wir werden jetzt Schritt für Schritt die Gesamtorganisation heranführen, um KI in diesen einfachen Tätigkeiten zu benutzen, wie der Textgenerierung, die wir eingangs erwähnt haben, haben diese ersten sogenannten RAG Modelle gebaut, wo wir eben sicherstellen, dass spezifische Fragen aus spezifischen Bereichen nur anhand von vertrauenswürdigen Wissensquellen benutzt werden können und die nächsten Schritte, mit denen wir uns ganz intensiv beschäftigen, sind, wie wir Agentenmodelle einsetzen und werden uns auch mit einem ersten Multiagentensystem im Bereich der Datenanalyse auseinandersetzen.
[17:28] Dr. Andreas Rohde: Hagen, du hast gerade die Herausforderung des Berufsstandes, des gesamten Berufsstandes erläutert. Ich könnte mir vorstellen, dass das gleiche Phänomen ja auch in der Organisation wie unserer stattfindet. Also wir haben sehr viele Kolleginnen und Kollegen, die im Bereich der Wirtschaftsprüfung arbeiten. Wie ist die Akzeptanz bei den Kolleginnen und Kollegen mit dem neuen Kollegen, wie du ihn genannt hast?
[17:49] Hagen Müller: Also ich nehme wahr, dass unsere Kolleginnen und Kollegen mit ganz viel Freude, mit ganz viel Neugier an das Thema rangehen. Wir mussten ja so ein bisschen unsere Hausaufgaben erledigen, bevor wir diese Technologie einsetzen. Themen wie Datenschutz etc. waren zu lösen, aber nachdem wir das in 2024 vorbereitet hatten, nehme ich jetzt eine große Neugier wahr, diese Technologie einzusetzen. Es stecken natürlich teilweise auch sehr große Fragen dahinter, Was passiert da gerade? Ersetzt es meine Arbeit, die ich hier tue? Verändert es meine Arbeit sehr stark? Das sind natürlich auch Fragen, mit denen wir uns auseinandersetzen. Aber um es zusammenzufassen, kann ich persönlich das Gefühl äußern, dass die Kollegen sehr interessiert sind, diese Technologien einzusetzen, dass große Neugierde besteht, aber dass eben auch viele Dinge einfach ausprobiert werden müssen. Was ich auch durchaus begrüße, weil was ich andererseits wahrnehme ist, ich weiß nicht, ob es typisch deutsch ist, dass wir jetzt anfangen, Use Cases zu entwickeln, Prompt Bibliotheken anzulegen, also das alles sehr zu strukturieren und sehr zu vereinheitlichen. Mein Ansatz eher, und da sehe ich eben auch viele tolle Beispiele bei uns im Haus, dass man einfach mit der Technologie auch etwas spielerisch einsteigt, sich damit beschäftigt, versteht, wie Ergebnisse entstehen, versteht, wie ich Ergebnisse in Anführungsstrichen eben auch manipulieren kann, also sprich in die richtige Richtung lenken kann. Das ist aus meiner Sicht eine ganz interessante Phase, die wir hier haben. Das hat so was Pionierhaftes und da sind wir, glaube ich, auf einer ganz tollen Entwicklung und wird sich auch sehr stark weiterentwickeln in den nächsten Jahren.
[19:31] Benno Lange: Lass uns doch bitte einmal kurz die Perspektive wechseln und mal aus Sicht unserer Mandanten, also der geprüften Unternehmen, auf das Thema schauen. Einerseits sehen sie sich einer Abschlussprüfung ausgesetzt, die möglicherweise stärker KI einsetzt in der Prüfungstechnik und in der Art und Weise, wie geprüft wird. Was bekommt der Mandant das geprüfte Unternehmen davon eigentlich mit? Wie gehen wir damit um? Wie sind die Reaktionen auf Seiten der Mandanten? Gibt es da schon erste Erfahrungswerte?
[19:58] Hagen Müller: Da gibt es erste Erfahrungswerte. Also die Frage ist natürlich, wie verändert sich jetzt die Prüfung oder verändert es die Prüfung vielleicht aus Sicht des Mandanten auch gar nicht. Ich denke, was sich verändern wird, dass wir noch effizienter arbeiten können, dass wir insbesondere im Bereich von sehr großen Datenmengen, von sehr tiefgehenden Analysen deutlich effizienter arbeiten können und dann auch unseren Mandanten stärkeres Bild tiefergehender Ergebnisse der Datenanalyse präsentieren können. Das machen wir auch nicht zum Selbstzweck, weil Datenanalyse so viel Spaß macht, sondern wir wollen ja Risiken in den Datenbeständen erkennen. Und das sind ja auch die Mehrwerte, die wir dann dem Mandanten liefern können, dass wir noch stärker, insbesondere bei sehr großen Datenmengen, die man dann eben oft nicht mit menschlicher Einschätzung, mit menschlicher Lebenserfahrung beurteilen kann, sondern die wir jetzt noch stärker technisch analysieren können.
[20:50] Benno Lange: Und dann gilt ja vielleicht auch, dass der Einsatz von KI uns am Ende dabei hilft, diesen gesteigerten Grad an Komplexität, den wir ja auf Mandantenseite schon seit vielen Jahren beobachten, dass moderne ERP-Systeme ein Vielfaches dessen an Daten beinhalten, auch an rechnungslegungsrelevanten Daten im Vergleich zu einem früheren rein Buchhaltungssystem, dass wir diese Komplexität eben mit besseren technischen Möglichkeiten einfach auch besser händeln können. Also ein Stück weit laufen wir da ja auch hinterher und da hilft uns die KI vielleicht dabei, genau diese Lücke auch wieder zu schließen, die da entstanden ist.
[21:22] Hagen Müller: Absolut. Man sagt ja auch immer, dass eine der Kernkompetenzen oder der Kernassets, die unsere mittelständischen Mandate haben, die vielen Daten sind, auf denen sie sitzen. Aber je mehr Daten ich sammle, je mehr Wissen ich habe, desto größer ist natürlich auch die Herausforderung, diese Daten zu strukturieren, dieses Wissen zu strukturieren. Und da wird KI sehr stark helfen, einerseits uns Sachverhalte besser zu bestehen, Risiken besser zu erkennen. Deswegen ja auch immer die Frage: Macht KI die Prüfung jetzt schneller? In einigen Phasen bestimmt, ja, aber sie schließt eben auch die von dir genannte Lücke, Benno, dass wir kaum noch hinterherkommen mit menschlicher Arbeit. Deswegen ist KI hoffentlich auch die Lösung auf die immer größer werdende Komplexität, auf die immer größere Menge an Daten, mit denen wir uns als Abschlussprüfer auseinandergesetzt sehen, sodass KI jetzt auch nicht zum Luxus wird für uns Abschlussprüfer, sondern schlichtweg Erfordernis ist, um überhaupt noch mit ausreichender Sicherheit prüfen zu können.
[22:16] Dr. Andreas Rohde: Zumal ja, so wie ich das wahrnehme, jedenfalls aus meiner dann doch Sicht von draußen, eben auch eure Anforderungen an Dokumentation etc. beständig gestiegen sind, dank doch auch der einen oder anderen Fälle, die nicht so gut gelaufen sind aus eurem Berufsstand heraus.
[22:31] Hagen Müller: Völlig richtig. Ich denke auch eine große Stärke des Einsatzes von KI ist eben die viel bessere Dokumentation, gerade wenn wir nochmal auf diese Multiagenten Systeme zurückkommen. Da ist eben sehr stark vordefiniert, wer was tun soll, und da nehmen wir in gewisser Weise den Faktor Mensch raus. Ich denke mal, die größte Stärke der Menschen ist nicht darin, immer alles zu dokumentieren, was man denkt, was man im Kopf hat, was man tut. Die KI tut es. Jede Entscheidung, die die KI trifft, wird dokumentiert über eine Berechnung, über einen Code. Das ist eben eine große Stärke, die die KI hat und die uns abgenommen wird, macht die Prüfung dann eben auch besser nachvollziehbar. Und dann eben auch von außen, denke ich, wird es nochmal einen guten Beitrag zur Erhöhung der Prüfungsqualität leisten.
[23:15] Dr. Andreas Rohde: Ich muss jetzt eine ganz provokante Frage stellen, wenn der Mandant hört: Es wird alles effizienter, das Produkt ist das Gleiche eigentlich. Ihr macht das schneller und unter Einsatz von KI drängt sich ja für den Mandanten die Frage auf, ob das jetzt auch alles billiger wird.
[23:28] Hagen Müller: Ist ein interessanter Punkt. Ist natürlich ehrlicherweise eine Frage, die wir uns auch gestellt haben. Andererseits ist die Feststellung, die wir haben, es würde ohne den Einsatz von KI mit hoher Wahrscheinlichkeit alles sehr viel teurer werden. Also KI hilft uns eher, die Anforderungen, die eher steigen, noch zu erfüllen und eben nicht mit immer mehr menschlichem Einsatz, der ja dann Kosten produziert, dieses Prüfungsurteil zu erreichen. Sondern KI hilft uns mit dieser Komplexität, mit den Datenmengen besser umzugehen, dem Herr zu werden und dadurch eben ganz im Gegenteil nicht die Prüfung deutlich schneller und günstiger machen zu können, aber zumindest diese Kostensteigerung, die ohne den Einsatz von diesen Technologien zu erwarten ist, zum gewissen Grad zu kompensieren.
[24:13] Benno Lange: Jetzt haben wir ja gerade schon darüber gesprochen, wie wir aktuell schon KI einsetzen in der Prüfung und zukünftig einsetzen können. Wie sieht es denn da auf der Mandantenseite aus? Was seht ihr denn schon für KI-Anwendungsgebiete auf Seiten der geprüften Unternehmen? Oder um die Frage zuzuspitzen, prüft irgendwann die eine KI eigentlich die andere KI oder tut sie das vielleicht heute schon?
[24:34] Hagen Müller: Rein technisch würde das wahrscheinlich schon funktionieren. Wir sehen, dass unsere Mandanten da in einer ähnlichen Phase sind wie wir. Es findet Einstieg in die Büroanwendung, in die Office Anwendung, sowohl technologisch als auch operativ. Wir sehen, dass Mandanten erste Schritte im Bereich des Einsatzes von KI machen. Was wir aktuell noch nicht sehen und das ist der Bereich des Unternehmens, mit dem wir am meisten zu tun haben, dass im Bereich des Rechnungswesens, im großen Stil KI eingesetzt wird. In der Vorphase der Prozesse, findet KI immer stärker Einstieg, wenn Buchhaltungen vorbereitet werden, wenn sie verplausibilisiert werden. Also auch das Thema Effizienzsteigerung nehmen wir bei unseren Mandanten wahr. Wir sind aber noch davon entfernt, dass unsere Prüfungs KI mit der erstellenden KI des Mandanten kommuniziert.
[25:23] Benno Lange: Ja, ist vielleicht auch irgendwie noch ganz gut so. Zu mindestens die Vorstellung, dass irgendwie gar keine Menschen mehr in den Prozess eingebunden sind, wirkt für mich jedenfalls noch ein bisschen sehr nach Science Fiction und vielleicht auch nicht unbedingt das, was ich mir wünschen würde. Andererseits gibt es durchaus Anwendungsgebiete, die man sich gut vorstellen kann, wo die KI auch auf Mandantenseite wirklich gut unterstützen kann. Ich denke nur an den Lagebericht, der wo ich noch keinen Mandanten erlebt habe, der sagt, das ist seine Jahreslieblingsbeschäftigung, einmal im Jahr den Lagebericht zu schreiben. Vielfach ist das ja, was wir in der Vergangenheit vorgelegt bekommen haben, als ersten Entwurf eines Lageberichts auch nicht immer gut gewesen, zumindest nicht immer sehr gut, sodass man sagen kann, da könnte ja durchaus KI-Unterstützung bei der Recherche, beim Zusammentragen von Informationen auch auf der Seite eine Qualitätsverbesserung bedeuten.
[26:11] Hagen Müller: Ich denke, Lagebericht ist ein ganz tolles Beispiel, um auch nochmal die ganze Bandbreite des Themas zu sehen. Wenn ich mir jetzt ein Sprachmodell nehmen würde und schreibe mir einen Lagebericht für die XY GmbH, die aus der und der Branche ist, die und die Sache zu berücksichtigen hat, dann wird die KI niemals sagen: Da fehlen mir Informationen, das kann ich so nicht machen, sondern die KI wird immer antworten. Sie wird definitiv einen Lagebericht erstellen. Der wird auf den ersten Blick auch gar nicht so schlecht aussehen. Aber das ist natürlich nicht zielführend, weil der Lagebericht, auch wenn er vielleicht nicht jedem Spaß macht, ihn einmal im Jahr zu schreiben, hat ja auch seinen Zweck und hat ja auch verschiedene Elemente. Und deswegen kann man, denke ich hier wieder sehr schön daran sehen, in welchen Teilen des Lageberichts oder der Lageberichterstellung wir KI einsetzen können. Also einfach nur reinschreiben: schreib mir einen Lagebericht. Das ist natürlich nicht zielführend. Aber was man sehr gut machen kann, wo man KI mandantenseitig aus meiner Sicht sehr gut einsetzen kann, ist nach Quellen zu recherchieren, Dinge zu analysieren, die vielleicht gerade in der Gesamtwirtschaft passieren, in meiner Branche passieren, mir vielleicht die eine oder andere Sache zusammenzufassen oder den einen oder anderen Entwurf, den ich aus der Hüfte formuliert habe, etwas kompakter zu formulieren. Also quasi wieder die Rolle des Assistenten, der mir hilft, Dinge vorzubereiten. Und wir sprechen ja immer gerne von 80 Prozent Lösungen und was die KI definitiv kann, 80 Prozent der Arbeit in wenigen Sekunden, in wenigen Minuten zu erledigen. Und dann haben wir jetzt natürlich die Möglichkeit, das gilt für alle Menschen, die irgendwie mit KI arbeiten, uns auf die letzten 20 Prozent zu fokussieren. Da geht es dann eben darum, meine persönliche Risikoanalyse einsteuern zu lassen, die wirklich relevanten Kennzahlen herauszuarbeiten und einen Fokus darauf zu legen, was eine KI aufgrund ihres allgemeinen Wissens nicht beantworten kann, was wirklich unternehmensspezifisch ist. Für uns ist es natürlich auch sehr, sehr spannend, weil das einerseits zu einer Verbesserung der Lageberichtsausstattung führen kann, indem diese Fleißarbeiten durch die KI abgenommen werden. Aber für uns ist es eben auch mit Vorsicht zu genießen, weil wir einfach verstehen müssen, wie viel KI steckt in diesem Lagebericht drin und steckt es an der einen oder anderen Stelle, insbesondere dann, wenn er zu würdigen ist. Und das kann ja in der Regel nur der Geschäftsführer, der Unternehmenseigner, dass zu viel KI in der Würdigung drinsteckt. Deswegen werden wir uns, denke ich, in Zukunft stärker damit auseinandersetzen müssen, wie setzt der Mandant eigentlich KI zum Beispiel bei der Lageberichtserstattung ein, wenn wir eben „das ich habe den mal an einem Tag runtergeschrieben“ und lasse jetzt von dem Prüfer beurteilen, ob alles drin ist, wenn das hinter uns liegt. Deswegen werden wir hier auch schauen, ob es wirklich nur so eine vorbereitende Assistententätigkeit war oder ob auch zu viele Themen, die wirklich nur durch den Menschen zu beurteilen sind, auch von KI generiert wurden.
[29:04] Dr. Andreas Rohde: Ich nehme wahr, dass wir als Organisation da relativ weit vorne dabei sind, auch was die technische Entwicklung betrifft. Und ich nehme auch wahr, dass wir logischerweise gerade in der Wirtschaftsprüfung auch sehr nah an dem Mandanten dran sind, mit allem, was er hat und mit allen Problemen, die er auch hat, mit allen Herausforderungen, die er hat und eben auch mit der Herausforderung, dass viele unserer mittelständischen Mandanten eben einen Riesenberg an Möglichkeiten sehen, aber nicht so richtig den Pack an haben, wie sie sich dem Thema nähern sollen. Siehst du uns auch da in der Beraterrolle zu sagen: Hey, wir können euch helfen, euch bei Prozessoptimierung mit Hilfe von KI zu unterstützen?
[29:43] Hagen Müller: Absolut. Also ich sehe uns da in der Rolle, helfen zu können, Dinge richtig zu machen. Vielleicht auch Dinge, die wir in den letzten zwei Jahren im ersten Anpack noch nicht richtig gemacht haben, weil wir einfach lernen mussten. Das geben wir gerne weiter. Wir werden da aber, denke ich, eher vor allem eine strategische Rolle spielen, plus eben unsere Rolle als Wirtschaftsprüfer, wo wir in vielen unserer Mandanten, in vielen Unternehmen sehr gut in den Prozessen drinstecken, die Prozesse des Mandanten kennen, insbesondere natürlich im Finanzbereich. Dort denke ich, können wir unsere Erfahrungen mit einbringen, wie man Prozesse KI-seitig optimieren kann und aber auch im Blick haben, was da für andere Themen noch mit aufkommen. Weil, man kann nicht über KI reden, ohne mindestens zwei oder dreimal über das Thema Datenschutz zu sprechen. Das ist einfach sehr, sehr wichtig. Wir haben sensible Daten, die darf ich eben nicht in so eine offene Anwendung wie ChatGPT reinschieben. Da haben wir uns als dhpg, denke ich, haben wir unsere Hausaufgaben gemacht und das sind Themen, wo wir unsere Mandanten auch, denke ich, sehr gut unterstützen können.
[30:48] Dr. Andreas Rohde: Magst du noch einen Blick in die Zukunft wagen? Also wo geht die Reise hin? Wo stehen wir das nächste Mal, wenn wir uns hier in ein, zwei, drei Jahren wieder in diesem Format treffen? Was wirst du uns zu berichten haben?
[30:58] Hagen Müller: Kann ich natürlich nur spekulieren. Ja, aber auch in besonderem Maße, weil die Entwicklung der KI einfach immer schneller ist und auch sprunghaft. Vielleicht aber Themen heute im Jahr 2025 funktionieren, die 2022 2023 undenkbar waren. Das sind ja viele Themen, über die haben wir heute gar nicht gesprochen, weil sie eben auch mit unserer Kerngeschäftstätigkeit nichts zu tun haben, Dass man eben per Prompt Filmszenen produzieren kann, dass man per Prompt Musik erstellen kann. Aber wenn wir nochmal auf unseren Bereich schauen, dann sind das eben die, was insofern das nächste Jahr prägen wird, Die Agenten und Multiagentensysteme, wo ich eben eine Struktur vorfinden werde, wo einzelne Aufgaben durch diese Agenten durchgeführt werden, die dann auch miteinander agieren und durch einen zentralen Agenten auch gesteuert werden. Und auch gerade dieses Miteinander agieren wird die Zukunft sehr stark steuern. Wir hatten es gerade schon erwähnt, dass vielleicht nicht in ein oder zwei Jahren, vielleicht auch nicht in drei oder vier Jahren die KI des Prüfers mit der KI des Mandanten kommunizieren wird. Das mag vielleicht auch erstmal schreckhaft sein, weil man sich dann fragt: Welche Rolle spielt denn der Mensch da noch? Aber wir werden da unsere Rolle finden, weil alles, was dort dann passiert, muss kontrolliert werden, muss überwacht werden. Es wird auch immer eine Instanz geben, die Vertrauen in diese Systeme schafft. Und das werden wir ja als Wirtschaftsprüfer, ist das ja eine zentrale Rolle, die wir übernehmen, eben Vertrauen in Entscheidungen, in Prozesse sicherzustellen. Das wird unsere Rolle da sein. Aber ich glaube, die Zukunft wird sehr stark davon geprägt sein, dass KI-Systeme untereinander agieren. Und ein anderes Thema, was uns vielleicht auch unmittelbar gar nicht berührt, aber ich glaube, das wird so der große Schrei in zwei Jahren sein, ist das Thema Robotik, wenn eben KI mit Robotik vermengt wird und wir jetzt vielleicht nicht in der Wirtschaftsprüfungsassistenten in Form von Robotern haben werden. Aber das wird bei unseren Mandanten im Bereich der Industrie Eingang finden, aber auch denke ich, bei uns im Privatleben. Also ich persönlich gehe davon aus, dass ich in zwei, drei Jahren einen Roboter habe, der mir den Geschirrspüler ausräumt.
[33:15] Dr. Andreas Rohde: Sind wir mal gespannt. Lieber Benno, Ich glaube, wir sind mit dem Thema nie durch. Kann man nicht sein, glaube ich. Vielleicht magst du uns mitteilen, was du heute mitnimmst.
[33:24] Benno Lange: Ja, also mich hat es an vielen Stellen zum Nachdenken angeregt und als Hagen davon gesprochen hat, KI sollten wir wahrnehmen als weiteres Teammitglied, gerade in Prüfungsteams, habe ich mich dann doch noch mal an meine Zeit als junger Prüfungsassistent zurückerinnert. Du hast mich ja freundlicherweise darauf hingewiesen, Andreas, dass es schon ein paar Jahre her ist. Und ja, wenn man da mal drauf zurückschaut und vielleicht auch mal den Nostalgiefaktor weglässt, dann müssen wir ja schon alle zugeben, dass wir uns auch damals stundenlang, tagelang mit dem Abstimmen von Kontenjournalen beschäftigt haben, wo man rückblickend sagt, das war jetzt vielleicht auch nicht der Grund, warum ich studiert habe, warum ich mich auf ein WP-Examen vorbereitet habe. Also von daher gibt es da schon ganz viele sinnvolle Tätigkeiten, die uns KI, wenn schon nicht abnehmen, dann zumindest dabei unterstützen kann. Und auf der anderen Seite bleibt eben, dass das Prüfungsurteil, der öffentliche Auftrag, den wir ja auch als Wirtschaftsprüfer haben, am Ende die Ordnungsmäßigkeit eines Jahresabschlusses und eines Lageberichts bestätigen oder nicht bestätigen zu müssen. Und die Aufgabe wird bestimmt nicht leichter. Das hat jetzt weniger mit KI vielleicht als mit schwierigem wirtschaftlichen Umfeld zu tun, dass wir eben auch immer mehr Mandanten sehen, die auch sich mit der Prognose nicht mehr so ganz leichttun, wie das noch vielleicht vor einigen Jahren der Fall war. Auch dabei wird uns KI unterstützen können, das zu prüfen, zu plausibilisieren, welche Annahmen liegen dem zugrunde. Aber ich glaube, das eigenverantwortliche Prüfungsurteil eines Menschen oder mehrerer Menschen, die am Ende auch das Testat unterschreiben, wird bleiben. Das ist mein Eindruck. Wie sieht es bei dir aus, Andreas?
[34:54] Dr. Andreas Rohde: Mich hat sehr berührt, der Satz von Hagen: Die KI ist gekommen, um zu bleiben. Bleiben klingt irgendwie so statisch und meine Wahrnehmung ist aber, das ist alles andere als statisch. Das ist ein sehr dynamischer Prozess und ich bin sehr gespannt, wo die Reise hingeht. Ich bin auch sehr gespannt, ob das wirklich so sein wird, dass am Schluss immer noch ein Mensch das Urteil hat. Ich will euch jetzt nicht in eurem Berufsstand nicht zu nahetreten, aber ich glaube, da ist noch sehr viel Luft nach oben, gerade weil wir eben mit klaren Prozessen und großen Datenmengen umgehen. Und das ist eben das Hauptspielfeld oder die Hauptstärke von KI und den entsprechenden Modellen. Also ich bin sehr gespannt, wo die Reise hingeht. Ich glaube, es ist einfach wichtig für Mandanten und uns da am Puls der Zeit zu sein und den Anschluss nicht zu verpassen. Und ja, ich glaube auch das, was Hagen gesagt hat, Neugier ist hier ganz wichtig, um dranzubleiben und Entwicklungen nicht zu verschlafen.
[35:48] Benno Lange: Ja, von daher nochmal ganz herzlichem Dank, Hagen, dass du uns hier ganz viele wertvolle Anregungen dagelassen und mitgegeben hast.
[35:52] Hagen Müller: Das habe ich sehr gerne getan und ich kann es nur bestätigen, wo die Reise hingeht, ist ein sehr schönes Bild, weil Gott sei Dank kann ich das noch nicht sagen, was in ein, zwei, drei Jahren der Fall sein wird, sondern bin selbst total gespannt, was da passiert und freue mich dann schon auf die Einladung in drei Jahren, wenn ich wieder hier mit euch sitzen darf und wir über das nächste Thema, den nächsten Stand der Dinge plaudern können.
[36:14] Dr. Andreas Rohde: Super.
[36:14] Benno Lange: Und wir hoffen, dass du noch persönlich kommst und uns nicht deinen KI-Avatar schickst.
[36:17] Hagen Müller: Das werden wir sehen.
[36:19] Dr. Andreas Rohde: Wer weiß, wer hier sitzt. Dann auf dieser Seite des Tisches gehen wir mal zurück aus der fernen Zukunft. Ferne Zukunft drei Jahre. Wir reden über gar nicht so ferne Zukunftsvision zum Praxistipp des Monats, des aktuellen Monats.
[36:33] Benno Lange: Und dabei geht es auch um den Einsatz von Künstlicher Intelligenz im Unternehmen. Und darum, welche Rolle spielt eigentlich ein Betriebsrat beim Einsatz von KI?
[36:43] Sprecherin: Der Praxistipp des Monats: Künstliche Intelligenz, AI und ChatGPT sind in aller Munde, auch am Arbeitsplatz. Mal will der Arbeitgeber KI gestützte Arbeitsweisen einführen, mal fordern die Mitarbeiter deren Anwendung oder nutzen KI einfach so. Aber hat ein Betriebsrat dabei nicht ein Wörtchen mitzureden? Ja, in vielen Fällen stimmt das, aber nicht immer. Bei der Abgrenzung gilt es, die Debatten zum Datenschutz ein wenig auszublenden, die auch der KI-Verordnung der EU zugrunde liegen. Denn die Rechte des Betriebsrats hängen nicht von den Kategorien des Datenschutzes ab, sondern ergeben sich ausschließlich aus dem Betriebsverfassungsrecht. Dabei kommen bei der Anwendung KI-gestützter Systeme vor allem zwei Mitbestimmungsrechte in Frage: Erstens muss der Arbeitgeber den Betriebsrat in einem frühen Stadium der Planung über neue Arbeitsverfahren und Arbeitsabläufe unterrichten. Dazu zählt auch der Einsatz von KI. Zweitens muss der Arbeitgeber bei der Einführung KI-gestützter Systeme die Zustimmung des Betriebsrats einholen, wenn das System Verhalten oder Leistung der Arbeitnehmer überwachen könnte. In der Regel wird dann eine Betriebsvereinbarung abgeschlossen. Betriebsräte genießen für all diese Fragen seit kurzem eine besondere Unterstützung. Geht es um KI, muss ihnen der Arbeitgeber einen Sachverständigen zur Seite stellen. Auch auf der Arbeitgeberseite ist gute Beratung wichtig, nicht nur technisch, sondern auch rechtlich. Die Erfahrung zeigt, dass Betriebsvereinbarungen immer detailreicher werden, je länger darüber beraten wird. Oft bedarf es so umfassender Regelungen aber gar nicht. Das gilt nicht nur bei KI. Arbeitgeber sollten deshalb nicht aus dem Blick verlieren, wie weit das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats eigentlich reicht. Erfahrene Arbeitsrechtler können Sie dabei unterstützen.
[38:49] Sprecher: Das war der Praxistipp des Monats.
[38:52] Benno Lange: Ja und damit sind wir schon am Ende der heutigen Folge. Wir dürfen uns nochmal bei Dir, lieber Hagen, ganz herzlich bedanken, dass du dabei warst heute. Hat Spaß gemacht. An Sie, liebe Hörerinnen und Hörer noch der Hinweis: Sie finden wie immer ergänzende Hinweise zum Thema der heutigen Folge in den Shownotes und dürfen uns sehr gerne Ihr Feedback, Ihre Anregungen zukommen lassen. Am besten per Mail an taxiert@dhpg.de. Und damit dürfen wir uns für heute verabschieden und hoffen, dass Sie beim nächsten Mal wieder mit dabei sind. Tschüss und auf Wiederhören.
[39:24] Sprecher: Das war taxiert, der dhpg Podcast für Steuern und Recht. Verpassen Sie keine neue Episode, einfach unseren Podcast abonnieren und Praxistipps zu Steuern und Recht erhalten.
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